Wand aus Glas by Satterthwait Walter

Wand aus Glas by Satterthwait Walter

Autor:Satterthwait, Walter [Satterthwait, Walter]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


XI

Nördlich von Santa Fe windet sich die High Road nach Taos durch Ödland, wo zerklüftete Sandsteinkämme, die über dem kahlen, trockenen Land aufragen, wie Wirbelsäulen von riesigen versteinerten Eidechsen aussehen. Ab und zu taucht sie hinunter in die kleinen, adretten Adobedörfer, die sich zwischen üppige Pappelwälder kauern, aber immer wieder klettert sie durch die sandige Hochebene hinauf auf die fernen Berge zu.

Der Himmel direkt über mir war an jenem Morgen von einem klaren, glasierten Blau, nur einige gelassene weiße Wolken bummelten an ihm entlang. Aber weit entfernt, jenseits der rauhen roten Schluchten und der nackten roten Spitzkuppen, wo die Berge mich wie der Rand einer Schüssel umringten, hatten sich dicke graue Sturmwolken zusammengebraut. Die dickste und graueste von ihnen war direkt vor mir, genau über der Nase des Subaru, dort oben in den verhüllten Gipfeln, wo Las Mujeres liegt.

Ziemlich viele der Anglo-Amerikaner in Santa Fe reisen nicht gerne in die Berge des nördlichen New Mexico. Hier leben Nachkommen der ursprünglich spanischen Siedler, von denen viele Familien zusehen mußten, wie ihr eigenes Land von der Regierung der Vereinigten Staaten gestohlen wurde, wie sich der Park Service ihr Weideland aneignete. Einige von ihnen nehmen es, was nicht überrascht, immer noch übel.

Und hier oben leben auch die Los Hermanos Penitentes, die »Bußfertigen Brüder«. Sie haben eine Menge Gerede von sich gemacht, einiges davon Mißtrauen erweckend und einiges erschreckend, eine Spur des Schauders von »Böser Mann« liegt auch darin. Mir wurde gesagt, von mehr als einem Anglo, und mit völliger Überzeugung, daß bis vor kurzem die Penitentes noch Menschenopfer dargebracht hätten.

Es ist nicht sehr wahrscheinlich. Hier oben sind Menschen zu kostbar, um verschwendet zu werden.

Was immer die Wahrheit sein mag, in diesen abgeschiedenen Dörfern waren sie für Hunderte von Jahren die einzige Quelle des religiösen Beistands für die Kranken und die Sterbenden. Und die einzigen Menschen, denen sie anscheinend jemals tatsächlich weh getan haben, als Gruppe oder Einzelne, sind sie selbst gewesen. Was sehr viel mehr ist, als die meisten von uns sagen können.

Es ist ein hartes Land. Wo das Grün aufhört, nicht weit vom Ufer der schmalen Flüsse und der winzigen Bäche, beginnt die Wüste, unerbittlich und unversöhnlich. Ein plötzlicher Wetterwechsel, ein Buschfeuer, eine Überschwemmung, eine Meute wilder Hunde, die den Viehbestand reißt, fast jede Laune der Natur kann eine Katastrophe bedeuten. Die Betonung der Sühne, des Friedenschließens mit einem allmächtigen Gott, ist nicht schwer zu verstehen.

Ich war an jenem Morgen selbst dabei, ein bißchen zu büßen. Die stechenden Kopfschmerzen, die mich begrüßt hatten, als ich auf Ritas Sofa aufwachte, hatten sich zu einem mattgrauen Schatten gemildert, irgendwie etwas größer als mein Schädel. Aber mein Magen war immer noch überempfindlich, mein Mund immer noch belegt mit Material, wie aus dem Innern eines alten Schlafsackes herausgerissen.

Wir hatten gestern nacht eine Weile geredet, bevor ich zusammenklappte. Ich hatte mich gefragt, ob die Polaroidbilder etwas mit dem Tod der Griego zu tun gehabt haben könnten.

»Erpressung meinst du?« hatte Rita gefragt.

»Sicher«, sagte ich. »Wieso nicht?« Es war nicht das überzeugendste Argument der Welt; aber ich war weit davon entfernt, gerade zu diesem Zeitpunkt, Perry Mason zu sein.



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